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Pferde sind keine Maschinen – Warum wir umdenken müssen

Aktualisiert: 30. Jan.

Die Intelligenz des Mikrobioms und die Grenzen menschlicher Kontrolle.

Unsere Pferde sind faszinierende Holobionten – Organismen, die in enger Gemeinschaft mit Billionen von Mikroben leben. Doch oft reduzieren wir ihre Fähigkeiten auf simple Modelle, die ihre natürlichen Instinkte ignorieren. Dieser Artikel erklärt, warum Pferde weit mehr sind als Maschinen und wie wir ihre natürliche Intelligenz fördern können.


  1. Pferde als Holobionten: Mehr als nur der Wirt

Unsere Pferde sind weit mehr als nur ein einzelner Organismus. Sie sind komplexe Holobionten, das heißt, ein Zusammenspiel aus dem Pferd als Wirt und den Billionen von Mikroorganismen, die in und auf ihm leben. Diese mikrobiellen Mitbewohner übernehmen essenzielle Aufgaben, darunter die Verdauung, die Produktion lebenswichtiger Nährstoffe und die Regulation des Immunsystems. Dennoch behandeln wir Pferde in der modernen Fütterung oft wie simple Maschinen: Input rein, Output raus. Aber dieser Ansatz ignoriert die Komplexität und Intelligenz des Organismus.

Dysbiosen in der Darmflora von Pferden durch Mineralfutter, Wurmkuren und Antibiotika
Pferde sind keine Black-Box-Systeme, in die man einfach „passende“ Rationen stopft, sondern Holobionten: komplexe Ökosysteme aus Wirt und Mikrobiomen.

2. Die Arroganz des Mikromanagements der Rationsberechnung

Viele von uns versuchen, die Ernährung ihres Pferdes durch Tabellen, Bedarfswerte und Rationsberechnungen zu optimieren. Doch dabei übersehen wir, dass das Pferd kein simples Input-Output-System ist. Jedes Pferd hat ein individuelles Mikrobiom, dessen Zusammensetzung von Faktoren wie Genetik, Haltung und Umwelt abhängt. Es reicht daher nicht aus, sich auf typische Makro- und Mikronährstoffe zu konzentrieren, wenn essentielle Stoffe ignoriert werden, die außerhalb dieser Kategorien fallen.

  1. Ignoranz gegenüber der Selbstregulation: Pferde haben die Fähigkeit, ihre Nährstoffbedürfnisse durch selektives Fressverhalten zu regulieren. Dieser Instinkt wird jedoch durch einseitige Fütterung und synthetische Nahrungsergänzungen oft untergraben.

  2. Unterschätzung der Komplexität: Das Mikrobiom eines Pferdes ist ein hochdynamisches System mit Milliarden Mikroorganismen, deren Wechselwirkungen wir nur ansatzweise verstehen. Von den gesamten Stoffwechselprozessen des Pferdekörpers und den komplexen Interaktionen mit dem Mikrobiom über die verschiedenen Achsen ganz zu schweigen.

  3. Vernachlässigung weiterer essenzieller Stoffe: Neben den klassischen Makro- und Mikronährstoffen gibt es zahlreiche bioaktive Substanzen, sekundäre Pflanzenstoffe und präbiotische Fasern, die für den Stoffwechsel des Wirtes essenziell sind. Diese werden bei gängigen Rationsberechnungen oft komplett ignoriert, obwohl sie maßgeblich zur Gesundheit des Mikrobioms und damit des gesamten Organismus beitragen. Ihre natürliche Verfügbarkeit in einer vielfältigen Ernährung wird durch standardisierte Diäten systematisch unterminiert.


Neugierig, warum die Rationsberechnung oft nicht das ist, was sie verspricht? Lies meinen Artikel "Die trügerische Gefahr der perfekten Bilanzierung".


3. Wir verstehen nicht alles – und das ist okay

Es ist nicht nur für uns als Pferdebesitzer, sondern auch für Experten wie Therapeuten oder Wissenschaftler völlig unmöglich, jedes Detail zu erfassen. Um nur ein paar Aspekte zu nennen:

  • Wir können nicht jeden Heuballen, jede Weide, jede Pflanze, jedes Samenkorn analysieren.

  • Wir wissen nicht, wie gut unser individuelles Pferd jeden Nährstoff aufnimmt.

  • Wir wissen nicht mal, welche Nährstoffe überhaupt aufgenommen werden müssen, geschweige denn in welchen Mengen.

  • Milliarden Mikroorganismen im Darm agieren in einem Zusammenspiel, das wir nur ansatzweise begreifen.


Die Wissenschaft hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht, aber viele Prozesse im Pferdekörper bleiben komplex und individuell. Müssen wir wirklich jedes Detail verstehen, um die richtige Fütterung zu gestalten? 


Nein. Viel wichtiger ist es, die passende Grundlage zu schaffen:

  • Vielfalt fördern: Eine abwechslungsreiche, natürliche Nahrung unterstützt das Mikrobiom und die Selbstregulation des Pferdes.

  • Stress reduzieren: Stress ist einer der Hauptfaktoren für Dysbiosen und sollte so weit wie möglich minimiert werden.

  • Zugang zur Natur: Frisches Gras, Bäume, Sträucher und mikrobenreiche Erde sind wichtige Quellen für ein gesundes Mikrobiom.

  • Eine Haltung, die Stress und schädliche Einflüsse minimiert.


    Unsere Aufgabe ist es nicht, alles zu verstehen, sondern den richtigen Rahmen zu schaffen.

4. Ein Umdenken in der Pferdefütterung und -haltung

Wir müssen lernen, Pferden mehr zu vertrauen und ihnen die Möglichkeit geben, ihre natürlichen Instinkte auszuleben. Das bedeutet nicht, die Verantwortung für ihre Gesundheit abzugeben, sondern die Rahmenbedingungen zu schaffen, die ihre natürlichen Fähigkeiten unterstützen.

Was können wir konkret tun?

  • Fördere die Pflanzenvielfalt auf deiner Weide.

  • Ersetze synthetische Nahrungsergänzungen durch natürliche Alternativen.

  • Lass dein Pferd an der Hand grasen, um es mit unterschiedlichen Pflanzen bekannt zu machen.

  • Hinterfrage den Einsatz von hochdosierten Mineralfuttern und konzentrierten Rationen.


Unsere Aufgabe ist es nicht, jedes kleinste Detail der Pferdeernährung zu verstehen oder zu kontrollieren. Stattdessen sollten wir akzeptieren, dass wir nur einen Teil des komplexen Systems begreifen und Pferde Jahrmillionen ohne uns überlebt und sich perfekt an ihre pflanzliche Nahrung und ihren Lebensraum angepasst haben. Die richtige Grundlage zu schaffen – durch Vielfalt, natürliche Nahrung und stressfreie Haltung – ist der Schlüssel zu einem gesunden Pferd.


Pferden mikrobiomfreundlich alle allen notwendigen Nährstoffen zu zur Verfügung zu stellen - das lernst Du unter anderem in meinem neuen Onlinekurs. Denn die vielen synthetischen Ergänzungsmittel und die fehlende natürliche Vielfalt an sekundären Pflanzenstoffen tragen signifikant zu den verarmten Darmmikrobiomen und damit den Zivilisationskrankheiten bei, unter denen so viele Pferde heutzutage leiden.


Mein Kurs vermittelt Dir ganz praxisnah, wie Du diese Erkrankungen an ihrem Ursprung behandelst und Deinem Pferd mit Hilfe der Natur dauerhaft zu einem gesunden Darmmikrobiom verhelfen kannst. Die Kursinhalte basieren auf aktueller wissenschaftlicher Forschung und behandeln das Thema Pferdedarmmikrobiom fernab von veralteten und nicht erwiesenen Praktiken und Theorien wie Darmsanierungen, KPU oder probiotischen Futtermitteln.



Über mich:

Ich bin Michelle und lebe mit meinen beiden Pferden Fjörnir und Vindur in der schönen Bielefelder Senne und habe das Glück mit Equiflora meine beiden großen Leidenschaften Pferde und die (Mikro)biologie verbinden zu können. Ich bin mit Pferden aufgewachsen und beschäftige mich als Biotechnologin und Molekularbiologin seit über sieben Jahren als Wissenschaftlerin in der industriellen Forschung mit dem Mikrobiom von Tieren und Menschen. Meine Begeisterung für Pferde und Mikroorganismen hat mich zur Pferdeernährung geführt.


Mein Online-Kurs "Mikrobiomfreundliche Pferdeernährung" konzentriert sich auf die die Wiederherstellung der natürlichen Artenvielfalt im Pferdedarm und die Therapie von Dysbiosen im Kontext von Zivilisationserkrankungen.

Mit meiner Firma Natural Equibalance entwickele ich meine eigenen mikrobiomfreundlichen Futtermittel.




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