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Lösen Pektine aus Gras, Obst und Gemüse eine Übersäuerung bei Pferden aus?

Autorenbild: MichelleMichelle

Pektine aus frischem Gras, Obst und Gemüse werden zunehmend für eine Übersäuerung des Darms bei unseren Pferden verantwortlich gemacht. Was sind überhaupt Pektine und können sie nachweislich Azidosen (Übersäuerungen) beim Pferd auslösen? Das erfahrt ihr in diesem Beitrag.


Was sind Pektine?

Rein chemisch betrachtet sind Pektine, genau wie Fruktane und Stärke, pflanzliche Mehrfachzucker, die sich aus D-Galacturonsäure Einheiten zusammensetzen (wohingegen Fruktane aus D-Fructose Einheiten und Stärke aus D-Glucose Einheiten bestehen).


Nicht-strukturierte Kohlenhydrate wie Glucose, Fructose, Fruktane oder Stärke können in großen Mengen und/oder bei schnelle Umstellungen nachweislich fermentative Azidosen (bakteriell bedingte Übersäuerungen) im Verdauungstrakt auslösen. Diese Dysbiose ist mit gesundheitliche Problemen wie wie Hufrehe, Magengeschwüre oder Koliken verbunden.

Soweit so gut - aber wie ist es mit Pektin? Reichen die Mengen dieses Mehrfachzuckers in natürlicher Nahrung aus, um eine solche Azidose auszulösen?

Können Pektine im Pferd eine Übersäuerung auslösen?

Schauen wir uns hierfür einmal die wissenschaftliche Fachliteratur an. Verschiedene Studien haben den Einfluss von Pektinen in Form von sehr pektinreicher Sojabohnenschalen (bis zu 40% Pektingehalt) auf Pferde untersucht.

Zwischen circa 240 g und 420 g Pektin/Tag konnten weder eine Veränderung der Anzahl der Milchsäurebakteriengruppen Lactobacillus oder Streptococcus auslösen, noch des pH Wert im Kot auslösen, welcher konstant im physiologischen physiologischen Bereich blieb und bei der höchsten Pektinkonzentration sogar am basischten war. Damit wurde also nachgewiesen, dass dieser Menge Pektin nicht ausreicht, um die gefürchtete fermentative Azidose auszulösen.


Wie wirken Pektine in der natürlichen Nahrung?

Wie viel Pektin enthalten natürliche Futtermittel unserer Pferde im Vergleich zu den in den Studien getesteten Mengen?


🍎 Äpfel enthalten etwa 1-1.5% Pektin bezogen auf das Frischgewicht

⤐ 100 g Apfel liefert etwa 1.5 g Pektin


🥕 Karotten enthalten etwa 1.4% Pektin bezogen auf das Frischgewicht

⤐ 100 g Karotte liefert 1.4 g Pektin


🌾 Verschiedene Grassorten enthalten grob 0.7 und 2.5% Pektin bezogen auf das Trockengewicht

⤐ frisst ein Pferd 10 kg Trockensubstanz (65-75 kg Frischgewicht, typische Menge bei 24 h Weidezugang) nimmt es bis zu 250 g Pektine auf


Fazit

Du siehst , die Mengen liege im Vergleich selbst bei vollem Zugang zur Weide immer noch unter den untersuchten Mengen, die keinen Effekt hatte. Es ist also unwahrscheinlich, dass die Pektine aus üblichen Mengen Gras, Obst oder Gemüse eine fermentative Azidose auslösen.


Leicht verdauliche Zucker in frischem Gras, Obst und Gemüse, können durchaus eine fermentative Azidose auslösen – die relevanten Zucker sind aber Fructose, Glucose, Fructane usw und nicht die geringe Menge Pektine. Ein langsames Anweiden macht also trotzdem Sinn.


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Die erwähnten Studien findest Du hier nochmal zum Nachlesen:


[1] A. M. G. Kabe et al., “Soybean Hulls in Equine Feed Concentrates: Apparent Nutrient Digestibility, Physicochemical and Microbial Characteristics of Equine Feces,” J. Equine Vet. Sci., vol. 36, pp. 77–82, Jan. 2016.


[2] R. H. P. Silva, A. S. C. de Rezende, and D. F. da S. Inácio, “Pectin-rich by-products in feeding horses—A review,” Cogent Food Agric., vol. 2, no. 1, p. 1193925, 2016.


 

Über mich:

Ich bin Michelle und lebe mit meinen beiden Pferden Fjörnir und Vindur in der schönen Bielefelder Senne und habe das Glück mit Equiflora meine beiden großen Leidenschaften Pferde und die (Mikro)biologie verbinden zu können. Ich bin mit Pferden aufgewachsen und beschäftige mich als Biotechnologin und Molekularbiologin seit bald sieben Jahren als Wissenschaftlerin in der industriellen Forschung mit dem Mikrobiom von Tieren und Menschen. Meine Begeisterung für Pferde und Mikroorganismen hat mich zur Pferdeernährung geführt.



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