Dysbiosen bei Pferden: ein gestörtes Darmmikrobiom
Das Mikrobiom deines Pferdes ist ein komplexes Netzwerk aus Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen und Viren, das entscheidend für die Gesundheit ist. Es unterstützt die Verdauung, produziert wichtige Nährstoffe und stärkt das Immunsystem. Dennoch werden Dysbiosen häufig mit veralteten Methoden wie Darmfloraanalysen, Milchsäurebakterien-Probiotika oder „Darmsanierungen“ behandelt – Ansätze, die oft die Ursachen ignorieren und sogar schaden können.
Für eilige Leser: Checkliste: So kannst du Dysbiosen bei deinem Pferd vorbeugen
In diesem Artikel erfährst du, welche Fehler häufig gemacht werden, warum nachhaltige Maßnahmen essenziell sind und wie du das Mikrobiom deines Pferdes langfristig gesund hältst.
Wie die moderne Pferdehaltung Dysbiosen begünstigt
Die Domestizierung und moderne Haltung haben das empfindliche Gleichgewicht der Darmflora bei Pferden stark verändert. Das Resultat ist häufig eine Dysbiose – ein Ungleichgewicht im Mikrobiom, bei dem schädliche Mikroorganismen die Oberhand gewinnen und nützliche Bakterien verdrängen.

Die Ursachen für Dysbiosen sind vielfältig und eng mit den Lebensbedingungen unserer Pferde verknüpft:
Eingeschränkte Mikrobenquellen: Saubere Ställe, versiegelte Flächen und begrenzte Bewegungsspielräume schränken den Kontakt zu einer mikrobenreichen Umwelt erheblich ein. Dies behindert die Entwicklung eines vielfältigen Mikrobioms.
Einseitige Ernährung: Während Wildpferde eine große Vielfalt an Gräsern, Zweigen, Wurzeln und Kräutern fressen, basiert die Ernährung von Hauspferden oft auf artenarmem Heu, Gras und stark verarbeiteten Futtermitteln. Diese eintönige Nahrung liefert dem Mikrobiom nicht die benötigte Vielfalt an Nährstoffen.
Schädliche Umwelteinflüsse: Pestizide, Abgase und Schadstoffe in der Umgebung sowie Medikamente wie Antibiotika und Wurmkuren können das Gleichgewicht der Darmflora nachhaltig stören.
Künstliche Futterzusätze: Hochdosierte Mineralstoffe und Antioxidationsmittel, die nicht vollständig im Dünndarm aufgenommen werden, gelangen in den Blind- und Dickdarm – die Hauptlebensräume der Darmmikroben. Dort erzeugen sie einen Selektionsdruck, der resistente Mikroorganismen begünstigt und die Artenvielfalt reduziert.
Welche Hinweise dir zeigen, ob dein Pferd an einer Dysbiose leidet, kannst du in meinem Blog-Artikel zu den Symptomen eines gestörten Darmmikrobiom nachlesen.
Die Verarmung der Arten: Die häufigste Form der Dysbiose beim Pferd
Das Darmmikrobiom eines Pferdes ist ein hochkomplexes Ökosystem, in dem das harmonische Zusammenwirken aller Mikroorganismen entscheidend ist. Eine Verringerung der Artenvielfalt, die häufigste Form der Dysbiose, macht dieses System anfälliger für äußere Einflüsse. Vergleichbar mit artenarmen Wäldern, die anfälliger für Umweltstress wie Dürren sind, kann ein artenarmes Mikrobiom schlechter auf Stressoren reagieren – seien es Krankheitserreger, Umweltschadstoffe oder Ernährungsdefizite.
Ein vielfältiges Mikrobiom hingegen schafft Resilienz: Es stärkt die Anpassungsfähigkeit des Pferdes und macht den Organismus widerstandsfähiger gegen Belastungen.
Gesundheitsrisiken durch eine gestörte Darmflora
Eine Dysbiose kann bei Pferden eine Vielzahl gesundheitlicher Probleme auslösen, darunter:
Verdauungsprobleme wie Kotwasser, Durchfall und Blähungen.
Allergien und Hautprobleme.
Immunschwäche, die zu häufigeren Infektionen führen kann.
Stoffwechselstörungen wie Insulinresistenz und Übergewicht.
Ein vielfältiges und stabiles Mikrobiom ist also der Schlüssel zu einer besseren Gesundheit und Belastbarkeit deines Pferdes.
Warum konventionelle Therapieansätze bei Dysbiosen nicht helfen
Konventionelle Ansätze zur Behandlung von Dysbiosen – wie Darmfloraanalysen, Probiotika oder sogenannte Darmsanierungen – bleiben oft wirkungslos oder können das Problem sogar verschlimmern. Diese Methoden ignorieren die wesentlichen Eigenschaften des Pferdedarmmikrobioms: seine beeindruckende Artenvielfalt und Komplexität.
1. Darmfloraanalysen: Blick durchs Schlüsselloch
Darmfloraanalysen liefern nur begrenzte Einblicke, da sie lediglich die Kultivierbarkeit bestimmter Mikroorganismen bewerten. Viele für die Gesundheit wichtige Bakterien sind jedoch im Labor nicht nachweisbar. Diese unzureichende Datengrundlage kann dazu führen, dass Fehldiagnosen gestellt und unwirksame Behandlungspläne erstellt werden.
2. Probiotika: Mehr Schaden als Nutzen?
Probiotika, insbesondere Produkte mit Milchsäurebakterien, mögen im Humanbereich sinnvoll sein, doch für Pferde sind sie meist ungeeignet. Milchsäurebakterien können das Risiko einer Übersäuerung im Darm und Magen erhöhen, was zu Problemen wie Magengeschwüren oder fermentativen Azidosen führen kann.
3. Darmsanierungen: Ein falsches Versprechen
Die Vorstellung, das komplexe Darmmikrobiom eines Pferdes durch eine kurze Kur „sanieren“ zu können, ist schlichtweg nicht realistisch. Das Darmökosystem ist hochdynamisch und erfordert kontinuierliche, gezielte Maßnahmen, um nachhaltig gesund zu bleiben.
Für detailliertere Informationen zu jedem dieser Punkte, schaue auf meinen entsprechenden Blog-Artikel zu Darmfloraanalysen, Probiotika und Darmsanierungen.
Checkliste: So kannst du Dysbiosen bei deinem Pferd vorbeugen
Dysbiosen der Darmflora unserer Pferde sind eine mittlerweile häufige Begleiterscheinung der modernen Pferdehaltung und Fütterung. Der erste wichtiger Schritt, ist sich bewusst zu machen, welche Faktoren zu der Verarmung des Artenreichtums geführt haben und basierend darauf, für Haltung und Fütterung anzupassen. Darmfloraanalysen, Probiotika und Darmsanierungen versprechen eine schnelle Lösung des Problems, setzen aber nicht an der Ursache an und können sogar schädlich sein.
Viel wichtiger und nachhaltiger ist es, unseren Pferden wieder mehr Zugang zu Mikroorganismen und Pflanzenvielfalt zu geben, die Ernährung so natürlich wie möglich zu gestalten und schädliche Einflüsse zu minimieren. Mit der folgenden Checkliste kannst du Dysbiosen bei denen Pferd vorbeugen:
1. Ernährung optimieren
• Vielfältige Fütterung bieten: Ergänze das Futter mit verschiedenen Gräsern, Kräutern und natürlichen Pflanzen.
• Hochwertiges Heu: Achte darauf, dass das Heu nicht mikrobiologisch belastet ist und ausreichend zur Verfügung steht.
• Verarbeitete Futtermittel vermeiden: Reduziere Kraftfutter und künstliche Zusätze wie Konservierungsstoffe, Emulgatoren oder synthetische Mineralmischungen.
• Keine plötzlichen Futterwechsel: Gewöhne dein Pferd immer schrittweise an neues Futter.
2. Zugang zur Natur sicherstellen
• Freier Auslauf: Biete regelmäßigen Zugang zu vielfältigen Pflanzenarten - wenn nicht direkt am Stall, über Snackspaziergänge.
• Kontakt zu anderen Pferden: Soziale Interaktion fördert ein gesundes Verhalten und Mikrobiom.
• Umweltvielfalt ermöglichen: Ställe nicht überreinigen und nicht alle Böden versiegeln– gesunde Mikrobenquellen fördern.
3. Stress minimieren
• Stressfreier Stallalltag: Vermeide Isolation, häufige Stallwechsel oder Stress durch Hungern.
• Schonende Trainingsmethoden: Passe das Training an die körperliche und psychische Verfassung des Pferdes an.
4. Medikamente und Zusätze überdenken
• Antibiotika nur bei Notwendigkeit einsetzen: Sie können das Darmmikrobiom erheblich stören.
• Keine unnötigen Wurmkuren: Nur bei bestätigtem Befall entwurmen und gezielt vorgehen.
• Natürliche Mineralstoffe bevorzugen: Ergänze Futter mit organischen, gut verwertbaren Zusätzen.
5. Darmgesundheit gezielt unterstützen
• Förderung der Mikrobenvielfalt: Biete deinem Pferd Zugang zu Erde, Humus und natürlichen Mikroorganismen.
• Probiotika vermeiden: Füttere keine Milchsäurebakterien oder effektive Mikroorganismen.
• Regelmäßige Kotkontrolle: Achte auf die Konsistenz und den Geruch des Kots, um frühe Anzeichen von Problemen zu erkennen.
• Gesundheitssymptome prüfen: Achte auf Kotwasser, Durchfall, Blähungen oder Koliken.
7. Wissen vertiefen
Informiere dich weiter: Die Wiederherstellung der natürlichen Artenvielfalt und die Therapie von Dysbiosen sind die Basis meines OnliDie Wiederherstellung der natürlichen Artenvielfalt und die Therapie von Dysbiosen sind die Basis meines Online-Kurses „Mikrobiomfreundliche Pferdeernährung“.
Hier tauchst Du in die faszinierende Welt des Pferdedarmmikrobioms ein und lernst, wie Dysbiosen mit Zivilisationserkrankungen wie Insulinresistenz, Allergien, Muskelerkrankungen oder Entgiftungsstörungen verknüpft sind.
Der Kurs vermittelt Dir ganz praxisnah, wie Du diese Erkrankungen an ihrem Ursprung behandelst und Deinem Pferd mit Hilfe der Natur dauerhaft zu einem gesunden Darmmikrobiom verhelfen kannst. Die Kursinhalte basieren auf aktueller wissenschaftlicher Forschung und behandeln das Thema Pferdedarmmikrobiom fernab von veralteten und nicht erwiesenen Praktiken und Theorien wie Darmsanierungen, KPU oder probiotischen Futtermitteln.
Über mich:

Ich bin Michelle und lebe mit meinen beiden Pferden Fjörnir und Vindur in der schönen Bielefelder Senne und habe das Glück mit Equiflora meine beiden großen Leidenschaften Pferde und die (Mikro)biologie verbinden zu können. Ich bin mit Pferden aufgewachsen und beschäftige mich als Biotechnologin und Molekularbiologin seit über sieben Jahren als Wissenschaftlerin in der industriellen Forschung mit dem Mikrobiom von Tieren und Menschen. Meine Begeisterung für Pferde und Mikroorganismen hat mich zur Pferdeernährung geführt.
Mein Online-Kurs "Mikrobiomfreundliche Pferdeernährung" konzentriert sich auf die die Wiederherstellung der natürlichen Artenvielfalt im Pferdedarm und die Therapie von Dysbiosen im Kontext von Zivilisationserkrankungen.
Mit meiner Firma Natural Equibalance entwickele ich meine eigenen mikrobiomfreundlichen Futtermittel.
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