Ginster, Ilex, Farn, Efeu, Eiche, Kastanien, Eicheln - typische Pflanzen oder Früchte, die als giftig gelten, wegen denen Pferden oft die Fähigkeit zum selektiven Fressen abgesprochen wird. Oft hat es aber einen Grund, warum ein Pferd diese Giftpflanzen frisst.
Die sekundären Pflanzenstoffe, die diese Pflanzen in größeren Mengen giftig machen, haben in geringer Dosierung eine heilende Wirkung. Diese folgt der sogenannten Hormesis: die positive Wirkung der sekundären Pflanzenstoffe schlägt ab einer bestimmten Dosis in eine schädliche um. So enthält Farn beispielsweise gerade im Herbst hohe Mengen an Sitosterol und Sigmosterol, die beide den Blutzuckerspiegel senken und beide auch eine entzündungshemmende Wirkung haben. Infos zu weiteren Pflanzen, die Pferde gern fressen und die als giftig gelten, findest Du weiter unten im Artikel.

Infos zu weiteren Pflanzen, die Pferde gern fressen und die als giftig gelten, findest Du weiter unten im Artikel.
Sekundäre Pflanzenstoffe werden in drei breite Gruppen unterteilt: Phenole, Terpene und Alkaloide, jede von ihnen mit Tausenden an Stoffen. So breit ist auch ihre Wirkweise:
🌿 Anti-entzündlich: Enzündungsreaktionen werden abgemildert
🌲 Anti-allergen: Moleküle allergener Reaktionen wie Histamin werden reduziert
🌳 Anti-mikrobiell und -parasitär: krankmachende Bakterien und Parasiten werden gehemmt
🍃 Anti-oxidativ: radikale Sauerstoffspezies werden neutralisiert
🌱 Mikrobiom-Diversivizierung: vielfältige Pflanzenstoffe sind die Nahrung vielfältiger Mikroorganismen und formen das Darmmikrobiom
Die Wirkung und Dosis der Pflanze hängt stark von ihren sekundären Pflanzenstoffen und deren Konzentration ab.
Pflanzenfresser leben in einer ständigen Abwägung zwischen Nutzen und Kosten der sekundären Pflanzenstoffe. Die Nahrungswahl wird dabei hauptsächlich durch die Interaktion zweier Mechanismen gesteuert:
1. Sensorische Charakteristika der Pflanze: Textur, Geschmack, Geruch...) – Pferde haben einen sehr ausgeprägten Geruchs-und Geschmacksinn und sind sehr geschickt darin, auszusortieren.
2. Postingestives Feedback: also das, was das Tier nach der Aufnahme der Pflanze erfährt – dieses Feedback kalibriert die sensorische Erfahrung in Übereinstimmung mit dem Nutzen für den Körper.
Das heißt, dass es für kein Pferd zu spät für selektives Fressen ist, nur weil es als Fohlen nicht lernen konnte, was gefressen wird und was nicht. Diese Pferde müssen eher einmal auf die Idee kommen, überhaupt etwas auszuprobieren. Dabei können wir Menschen sie unterstützen, ebenso wie wir natürlich gerade Anfangs ein genaues Auge auf Art und Menge haben sollten.
Wie ist es möglich, dass Pferde wissen, was sie fressen können und was nicht?
Wenn Du tiefer in das Thema selektives Fressen beim Pferd einsteigen möchtest, die wissenschaftlichen Grundlagen verstehen möchtest und auch, warum es manchmal nicht funktioniert, schaue gerne einmal in diesem Artikel vorbei:
Was bedeutet es, wenn mein Pferd gezielt "giftige" Pflanzen frisst?
Die medizinische Wirkung folgender, besonders häufig gefressener Pflanzen findest du hier beispielhaft. Oft ergibt die Wahl des Pferdes Sinn, wenn man über den phytotherapeutischen Nutzen weiss.
Efeu hat schleimlösende Eigenschaften und wird oft in Hustensäften verwendet, um Atemwegserkrankungen zu lindern. Viele Pferde fressen gezielt Efeu wenn sie Atemwegsprobleme haben.
Eichenblätter, Rinde und auch die Eicheln selbst sind ein natürlicher Magenschutz. Sie enthalten viele Tannine, die nicht nur die Schleimhäute vor Säuren schützen können, sondern auch die Produktion vom Magenenzym Pepsin hemmen können. Eicheln sind ebenfalls an Mineralien und Vitaminen wie Kalzium, Phosphor, Kalium und den Vitaminen B und C. Zudem enthalten sie das antioxidative Flavonoid Quercetin.
Ginster, insbesondere der in Europa heimische Stechginster, enthält in seinen gelben Blüten eine Verbindung, die der Berberin ähnlich ist. Berberin wurde in Studien verwendet und zeigte sich dabei ebenso wirksam wie Metformin bei der Senkung des Blutzuckerspiegels und der Prävention von Insulinresistenz.
Die Stechpalme (Ilex) besitzt entzündungshemmende Eigenschaften und wird manchmal in der traditionellen Medizin zur Behandlung von Gelenkschmerzen eingesetzt.
Farnarten enthalten gerade im Herbst hohe Mengen an Sitosterol und Sigmosterol, die beide den Blutzuckerspiegel senken und beide auch eine entzündungshemmende Wirkung haben. Auch sind die giftigen Stoffe wie Ptaquilosid je geringer vorhanden, je älter die Pflanze ist. Im Oktober sind sie kaum noch zu finden.
Trotz neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse glauben viele immer noch, dass Pferde nicht selektiv fressen können. Doch das Gegenteil ist wahr! Für unsere Pferde ist es über die Jahrmillionen Ko-Evolution mit den Pflanzen zum essentiellen Überlebensvorteil geworden, selektiv zu fressen und sich mit Hilfe ihrer pflanzlichen Nahrung zu versorgen. Die Angst vor der natürlichen Nahrung unserer Pferde sitzt tief. Wir haben nicht nur Angst, dass es sich vergiftet, sondern auch vor vielen anderen Bestandteilen der Pflanzen, wie Pektinen, Fruktanen und so weiter.
Selektives Fressen gezielt fördern und zur Therapie nutzen

Wie du konkret das selektives Fressen deines Pferdes förderst, mit Giftpflanzen umgehst und wie du sekundäre Pflanzenstoffe gezielt zur Therapie von Zivilisationserkrankungen einsetzt, lernst du in meinem Onlinekurs "Mikrobiomfreundlichen Pferdeernährung".
Die Wiederherstellung der natürlichen Artenvielfalt und die Therapie von Dysbiosen sind die Basis dieses Kurses. Du tauchst in die faszinierende Welt des Pferdedarmmikrobioms ein und lernst, wie Dysbiosen mit Zivilisationserkrankungen wie Insulinresistenz, Allergien oder Entgiftungsstörungen verknüpft sind. Der Kurs vermittelt Dir ganz praktisch, wie Du diese Erkrankungen an ihrem Ursprung behandelst und Deinem Pferd mit Hilfe der Natur dauerhaft zu einem gesunden Darmmikrobiom verhelfen kannst.
Über mich:

Ich bin Michelle und lebe mit meinen beiden Pferden Fjörnir und Vindur in der schönen Bielefelder Senne und habe das Glück mit Equiflora meine beiden großen Leidenschaften Pferde und die (Mikro)biologie verbinden zu können. Ich bin mit Pferden aufgewachsen und beschäftige mich als Biotechnologin und Molekularbiologin seit über sieben Jahren als Wissenschaftlerin in der industriellen Forschung mit dem Mikrobiom von Tieren und Menschen. Meine Begeisterung für Pferde und Mikroorganismen hat mich zur Pferdeernährung geführt.
Mein Online-Kurs "Mikrobiomfreundliche Pferdeernährung" konzentriert sich auf die die Wiederherstellung der natürlichen Artenvielfalt im Pferdedarm und die Therapie von Dysbiosen im Kontext von Zivilisationserkrankungen.
Mit meiner Firma Natural Equibalance entwickele ich meine eigenen mikrobiomfreundlichen Futtermittel.
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